Ein sauberer Schlußstrich: Birgit Prinz tritt zurück

Die Nachricht kam ja schon am Freitag, aber es lohnt sich sicherlich, noch einmal auf den Rücktritt von Birgit Prinz einzugehen. Es stand ja schon länger fest, daß sie ihre Karriere in der Nationalmannschaft nach der WM im eigenen Land beenden wollte, jetzt hat sie auch unter den Vereinsfußball einen Schlußstrich gezogen. Was übrig bleibt ist eine große Karriere, in der sie alles gewonnen hat, was im Angebot war. Nur das perfekte Happy End war ihr leider nicht vergönnt.

Man könnte jetzt die ganzen Höhepunkte aus fast 20 Jahren (erstes Länderspiel mit 16 Jahren 1994, mehrfache Europameisterin, zweifache Weltmeisterin, mehrfache deutsche Meisterin und Pokalsiegerin, Torschützenkönigin, 214 Länderspiele, 128 Tore……..) runterleiern und würde Birgit Prinz als Spielerin wahrscheinlich doch nicht gerecht werden. Vielleicht, weil die ganzen Statistiken und Zahlenkolonnen nicht ihre Rolle für die Entwicklung ihres Sports wiedergeben können. Machen wir uns nichts vor, Birgit Prinz stand in den letzten Jahren für Frauenfußball. Sie war das Gesicht, bevor die Generation Glamour um Lira Bajramaj in den Vordergrund trat.

Als ich das erste Mal Frauenfußball wahrgenommen habe, da hießen die großen Vereine noch SSG Bergisch-Gladbach und TSV Siegen und die beste/bekannteste deutsche Spielerin war Silvia Neid. Der ganze Hype war weit weg, es war bei Ligaspielen z.T. sicher noch weniger los als heute. Und es war, ebenso wie bei den Herren, ein verglichen mit heute anderes Spiel. langsamer, behäbiger, träger. Das änderte sich mit Prinz, die wie eine Urgewalt über die Sportart hereinbrach. Kraftvoll, energisch, stark, schnell. Sie hob das Spiel auf in eine neue Dimension.

Von da an schien sie unaufhaltsam und ließ sich auch von dämlichen Ablenkungsmanövern wie einem Angebot der Herrenliga aus Italien nicht aus der Ruhe bringen. Denn das war genau das, was sie extrem wohltuend von allen anderen Fußball spielenden Menschen, egal ob männlich oder weiblich, abhob. Sie wollte nicht Teil des dreckigen Mediengeschäfts sein, daß wird in jedem Karrierenachruf, der in den Zeitungen gedruckt wird, immer wieder hervorgehoben. Sie hat gespielt, weil es ihr Spaß gemacht hat und hat es früh genug geschafft, sich einen distanzierten Blick auf das Geschäft zu bewahren, daß der Frauenfußball heute ist. Sie steht heute stellvertretend für eine Zeit, in der sie es sich erlauben konnte, auch mal ein Interview abzulehnen, ohne gleich als verschroben oder zickig dargestellt zu werden. Kurz, es war schön zu sehen, daß auch intelligente Menschen gut Fußball sppielen können.

Es wäre schön gewesen, wenn die Heim-WM in diesem Sommer der krönende Abschluß ihrer Karriere hättte werden können. Daß sie nicht mehr die explosive Dampfwalze war, die eine Abwehr im Alleingang zerfleischen konnte, davon konnte sich in den Vorbereitungsspielen jeder überzeugen. Daß sie während der WM so demontiert wurde, hätte man sicher verhindern können. Es läßt sich nicht mehr zurücknehmen. Umso mehr beeindruckt die Konsequenz, mit der Birgit Prinz sich nun aus dem Tagesgeschäft Fußball zurückzieht. Vor allem vor dem Hintergrund der Schlammschlacht, die sich ein anderer Bundestrainer und sein alternder Ex-Kapitän geleistet haben. Auch hier beweist Prinz eine Größe, die anderen Spielern gut zu Gesicht stehen würde. Man wird womöglich erst in einiger Zeit wissen, welchen Verlust der deutsche Fußball mit ihrem Rückzug hinnehmen mußte.

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Abschließend eine kleine Zusammenstellung von Artikeln, die sich mit dem Karriereende von Birgit Prinz auseinandersetzen:

Ära ohne Zugabe (Tagesspiegel)
Ende einer Leidenschaft (taz)
Wahre Größe (taz)
Gebt ihr doch ein Abschiedsspiel (Süddeutsche)
Birgit Prinz beendet ihre Karriere (FAZ)
Sie wollte immer nur spielen (SpOn)
Dreimalige Weltfußballerin Prinz beendet Karriere (spox.com)
„Herrschaften, danke fürs Kommen“ (FR)

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